Die erste Kunststunde des neuen Schuljahres
Anregungen für den Start in einer neuen Kunstklasse
Wir biegen in die Zielgerade der Sommerferien.
Die ersten oder letzten Gedanken zur Planung des neuen Schuljahres bahnen sich ihren Weg.
In diesem Beitrag möchten wir euch einige Anregungen für die erste Kunststunde in einer neuen Kunstklasse mit auf den Weg geben.
Wir biegen in die Zielgerade der Sommerferien.
Die ersten oder letzten Gedanken zur Planung des neuen Schuljahres bahnen sich ihren Weg.
In diesem Beitrag möchten wir euch einige Anregungen für die erste Kunststunde in einer neuen Kunstklasse mit auf den Weg geben.
Ein Fragebogen für deine Schüler:innen
Wie erfolgreich die Arbeit in einer neuen Klasse sein wird, ist maßgeblich davon abhängig, ob und wie gut es uns gelingt, eine wertschätzende und konstruktive Beziehung zu unseren Schüler:innen aufzubauen.
Beziehungsarbeit braucht Zeit und Kraft, gerade dann, wenn man in einer Klasse unterrichtet, die man nur ein- oder zweistündig zu Gesicht bekommt.
Daher ist es ratsam, so schnell wie möglich damit zu beginnen, die Schüler:innen kennenzulernen und möglichst viel über deren Interessen, künstlerischen Stärken und bevorzugten Arbeitstechniken zu erfahren.
Mit einem einfach gehaltenen und in den meisten Klassenstufen einsetzbaren Fragebogen, den man in der ersten Stunde austeilen und ausfüllen lassen kann, wird ein erster Schritt gemacht. Der Fragebogen schafft erste Gesprächsanlässe, da die präferierten Arbeitstechniken als Icons dargestellt sind und daher näher im Plenum geklärt werden müssen. Man kann frei entscheiden, ob man nur die erste Seite austeilt oder ob man beide Seiten der Umfrage auf die Vorder- und Rückseite kopiert.
Mit den Informationen aus dem Fragebogen kann man im Nachgang Verbindungen zu einzelnen Schüler:innen herstellen. Weiter lässt sich im Laufe des Schuljahres dieses Wissen nutzen, um Arbeitsgruppen zusammenzubringen, die die gleichen Interessen und Wünsche geäußert haben.
Der Sprung ins kalte Wasser mit dem Sumi Ink Club
Die ersten Schultage sind für Lehrer:innen und Schüler:innen immer herausfordernd, aufregend und mitunter emotional.
Als Kunstpädagog:innen ist es uns ein Anliegen, eine einladende und angstfreie Umgebung zu schaffen, in welcher Kreativität und wertschätzender Austausch gefördert werden kann.
Es hat sich bewährt, direkt in der ersten Kunststunde mit einem praktischen Unterrichtsvorhaben zu starten, bei dem es keine Verlierer:innen gibt und bei dem die sozialen Interaktionen zwischen den Schüler:innen gefördert werden können.
Arbeitet die Klasse gleich zu Beginn an einem Gemeinschaftswerk, können Bindungen zwischen und zu Schüler:innen aufgebaut und das Gemeinschaftsgefühl gestärkt werden.
Es gibt viele kooperative Zeichenaufgaben, die man stellen könnte. Ein besonders spannendes partizipatives Vorhaben wurde von Sarah Rara und Lukas Fischbek ins Leben gerufen. Sie gründeten 2005 in Los Angeles den Sumi Ink Club.
Die beiden stellten große Zeichenflächen, tiefschwarze Sumi-Tinte und Pinsel bereit. Alle Menschen waren eingeladen, mitzumalen und währenddessen ins Gespräch zu kommen. Die Idee des Sumi Ink Clubs verbreitete sich rasch und so finden sich heute in der üppigen Bildersammlung Gemeinschaftswerke aus aller Herren und Damen Länder. Alle dabei erschaffenen Bilder sind übrigens als gemeinfrei eingestuft (CC0 1.0).
Wollen wir dieses Vorhaben auf unseren Kunstunterricht übertragen, so müssen wir einige Überlegungen anstellen:
Unsere Klassen sind groß, – meist leider viel zu groß. Daher sollte man entsprechend der Zeichenpapier- und Tischgröße mehrere Zeichenbereiche im Klassenzimmer einrichten.
Weiter ist es unabdingbar, die Aufgabenstellung ausführlich zu besprechen und die Regeln für das gemeinschaftliche Zeichenvorhaben zu fixieren.
Vorgehensweise
- Informiere die Klasse über den Ursprung des Sumi Ink Clubs, indem du ihnen Bilder oder in den oberen Jahrgangsstufen dieses Video zeigst.
- Erläutere die Regeln und die Vorgehensweise.
- Rücke, falls noch nicht vor Stundenbeginn geschehen, mehrere Tische zu großen Gruppentischen zusammen und befestige mit Kreppband große Malflächen auf den Tischen. Man kann entweder Tonpapierbögen zusammenkleben oder Tapetenbahnen ausrollen.
- Die Schüler:innen erhalten nun möglichst gleichgroße Haarpinsel. Verwende möglichst keine allzu kleinen Pinsel.
- An jedem Gruppenarbeitsplatz werden 2-3 Becher mit schwarzer Tinte bereitgestellt. Die beim Sumi Ink Club verwendete Sumi Kalligraphie-Tinte ist sehr teuer. Im Schulkontext kann man schwarze Tempera- oder Acrylfarbe mit etwas Wasser verdünnen. Man sollte jedoch darauf achten, dass das Farbmittel möglichst tiefschwarz ist.
- Während des Malens spielt man entspannte Hintergrundmusik ab. Finde in diesem Beitrag den passenden Soundtrack für deinen Kunstunterricht.
Regeln
- Hab Freude beim Malen und lasse dich von der Malerei deiner Mitschüler:innen inspirieren.
- Du darfst dich während des Malens leise unterhalten. Achte aber darauf, dass du deine Mitschüler:innen nicht störst.
- Du darfst und sollst an vielen Bereichen des Bildes malen. Wechsle immer wieder deinen Standort.
- Die Malerei deiner Mitschüler:innen darf erweitert werden. Du darfst jedoch nichts übermalen.
- Du darfst keine Wörter schreiben.
Vorteile des Sumi Art Clubs
- Während des kooperativen Zeichnens findet Austausch statt und es entstehen Räume, um mit einzelnen Schüler:innen über das Gezeichnete hinaus ins Gespräch zu kommen.
- Man kann die Schüler:innen während des Malens beobachten und kennenlernen.
- Schüler:innen, die versuchen, das Vorhaben durch störendes Verhalten zu sabotieren, kann man mitunter rasch ausmachen. Abseits der Klassengruppe lässt sich im Einzelgespräch meist ein Weg finden, wie solche Störungen künftig im Kunstunterricht vermieden werden können.
- Die Schüler:innen müssen sich während des Malens kaum Gedanken machen, da sie nicht bewertet werden und es keine einengenden gestalterischen Vorgaben gibt.
- Wenn sich einzelne Schüler:innen nicht sicher sind, was sie malen wollen, können sie die Zeichnungen anderer ergänzen und sich von deren Bildsprache inspirieren lassen. Auch können und sollen sie jederzeit ihren Standort wechseln und sich einen neuen Zeichenabschnitt suchen.
- Die Arbeit des Sumi Ink Clubs kann im Laufe des Schuljahres immer wieder aufgenommen, weiterentwickelt und auf andere Kontexte übertragen werden.
- Es entstehen große Gemeinschaftswerke, die wunderbar im Schulhaus präsentiert werden können.
- Weiter könnte man auch im Schulhaus oder Pausenbereich eine Zeichenfläche für die gesamte Schulgemeinschaft etablieren. Auch an Tagen der offenen Tür könnte man neben den Plakaten der Schüler:innen leere Malflächen an Stellwänden für die Besucher:innen anbieten.
Welche Erfahrungen hast du in deiner ersten Kunststunde gemacht?
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Über den Autor
Simon
Simon ist Kunstlehrer an einer Realschule in Baden-Württemberg. In seinem Klassenzimmer bemüht er sich, seinen Schülern authentische und aussagekräftige Erfahrungen zu bieten, die Imagination, Kreativität und Zusammenarbeit fördern und die Kinder und Jugendliche dazu herausfordern, Fähigkeiten zur Problemlösung und zum kritischen Denken zu entwickeln. Er versucht seinen Schülern einen sicheren Ort zu bieten, an dem sie sich frei ausdrücken und durch persönliches Erproben wachsen können.
Das klingt super! Könnte man das auch mit schwarzen Filzern machen oder spräche da was dagegen?
Nun ja, gehen würde es sicherlich. Aber wenn du die Möglichkeit hast, würde ich dir empfehlen, die Schüler:innen mit Pinseln malen und nicht zeichnen zu lassen. Das Malen und Auftragen eines pechschwarzen Farbmittels mit einem Haarpinsel (möglichst mindestens Größe 16) hat meines Erachtens seinen ganz eigenen Reiz und eine andere Qualität. Beim Malen mit Pinseln versinken die Schüler:innen rascher in den sich ergebenden Formen und Bildern.
Tolle Idee, werde ich direkt ausprobieren !
Danke! Das probiere ich aus! Ich werde den Schüler*Innen, wenn die Bögen fertig sind, den Auftrag geben, ihnren Lieblingsausschnitt In dem Liniengewimmel auszuwählen und ihn mit dem IPad zu fotografieren. Diese Fotos werde ich ausdrucken. Die Ausdrucke sind Grundlage für die Gestaltung eines Geburtstagskalenderblatts. Ihren Namen und Geburtsdatum ergänzen die Schüler*Innen (wie genau weiß ich noch nicht). Da das Thema Farbe in JHg. 5 in meiner Klasse angesagt ist, soll die Koloration nach persönlichen Vorlieben der Einstieg in das Thema sein.
Das ist auch eine echt schöne Idee! Ich habe bisher häufig die „Reise nach Jerusalem“ abgewandelt. Hierbei starteten die Schüler zunächst an ihrem eigenen Platz so lange Musik läuft malen sie, was ihnen einfällt. Anfangs habe ich sie recht lange malen lassen (mit flüssiger Tempera und großen Pinseln). Wenn die Musik aus geht müssen sie den Platz des Nachbarn übernehmen und malen an deren Bild weiter oder übermalen es usw. Ziel ist es, dass alle Einzelbilder zu einem großen verschmelzen. Diese Aufgabe erzeugt allerdings im Gegensatz zum vorgestellten Projekt einen Konflikt. Denn die Schüler malen plötzlich in das Bild des anderen hinein und bekommen ggf. das eigene übermalt. Daher habe ich das bislang nur in ausgewählten Gruppen zielführend eingesetzt. Meistens im Leistungskurs und dann nicht zum Kennenlernen sondern zum Lösen von eingeübten Schemas und dem zu starken festhalten am Figurativen. Das ist eine wunderbare Übung zum Erkennen von bildwirksamen Momenten. Denn es stellt sich im Laufe der Zeit immer die Frage, „was lasse ich stehen und was übermale ich?“. Da die Regeln bereits im Vorfeld klar sind konnten sich bisher alle darauf einlassen. Ganz wesentlich ist bei dieser Übung die Reflexion im Anschluss, nur so macht die Übung Sinn. Hierbei haben wir darüber gesprochen, wie sie sich Gefühlt haben, als sie etwas anderes übermalt hatten oder wie sie sich gefühlt haben, als ihr eigenes Bild übermalt wurde. Genauso wichtig ist jedoch auch über das Ergebnis zu sprechen und sie so zu sensibilisieren um diese bildwirksamen Momente zu erkennen. Denn oftmals wird der Duktus zunehmend lockerer, man kann ja nichts mehr verlieren. Ich hatte diese Übung mal in einer AG mit jüngeren Kindern gemacht, denen fiel das viel leichter als den Großen. Auch wenn bislang alle LK-Schüler bislang ein Unbehagen während der Übung beschrieben fanden sie aber auch alle bereichernd. Der Respekt gegenüber anderer Arbeiten stärkt die Übung sogar, was sich bei den Kleinen im Gespräch zeigte, bei den Großen war das eh bereits gegeben.
Ich werde die vorgestellte Übung mal in meiner neuen 5. Klasse testen. :) Danke für den Vorschlag!
Eine echt gute Idee! Das werde ich dieses Schuljahr ausprobieren. Danke! :-D
Klasse Idee !
@Julia – danke für die Ergänzung.
Ich freu mich so über diese tolle Idee, hatte etwas Ähnliches vor und werde das nun „aufpeppen“ :). vielen Dank!
Danke für die tolle Idee! Wir haben das gleich mit verdünnter Acrylfarbe auf Packpapierrollen umgesetzt. Leider hatten wir keine großen Haarpinseln, aber die Kinder (9-11 Jahre, insgesamt 23 Kinder- 2 Tische mit Papier waren vorbereitet) haben auch mit Borsten-& dünneren Haarpinseln begeistert gemalt! Besonders schön war wie sie die fertigen, aufgehängten Bilder angeschaut haben und auf Entdeckungsreise waren beim Betrachten- auch die Kinder aus den anderen Klassen!